fotografie |
messie.ch |
intro |
sw |
Stereo |
Edel |
Elektro |
Foto divers |
Video |
Edeldrucke: Neobromöl Cyanotypie Gummidruck |
Edeldruckverfahren
Die erforderlichen Grundrezepturen entnahm ich diversen Büchern, die damals
noch in Antiquriaten erhältlich waren und ich bin in diesem Zusammenhang
auf die Edeldruckverfahren gestossen. Die Möglichkeit, den Bildinhalt mit
einer frei wählbaren Farbe undegradierbarer Qualität darstellen, ja
noch zusätzlich gestalten zu können, war schlicht erhebend. Ich ergatterte
zufällig das Standardwerk von Mebes über den Bromöldruck und
experimentierte wie wild - die Resultate waren niederschlagend. Der Bromöl(um)druck
ist ein Flachdruckverfahren (wie Lithografie oder Offset), das auf Abstossung
von Wasser & Öl basiert. Das übliche Fotopapier hiess in der damaligen
Terminologie 'Bromsilberpapier'. Hierbei befinden sich in einer für den
Prozess notwendigen Gelatineschicht feinkörnig verteilte Bromsilberkristalle,
die bei Belichtung entwicklungsfähig werden, d.h. das belichtete Silber
kann sichtbar schwarz oxidieret werden. Durch weitere Anlagerung von entsprechenden
Chemikalien (meist Chrom) an die entwickleten Silberkristalle kann man nun die
sie umgebende Glatine sog. gerben, d.h. quellunfähig machen. Entsprechend
der Schwärzung erhält man so ein indirekt proportionales Feuchtereservoir:
satte Schatten sind quasi trocken, Spitzenlichter sind unverändert reine
Gelatine und voll quellfähig - also sehr feucht. Wird ein so gequollenes
Fotopapier im feuchten Zustand mit fetter Farbe eingewalzt, so wird es in den
trockenen Schätten Farbe annehmen, in den nassen Lichter aber abstossen.
Mit entsprechender Führung der Farbwalze in Druck und Geschwindigkeit (mit
Hinzufügen und Abheben von Farbe) und entsprechender Feinarbeit mit Pinseln
geeigneter Härte & Form kann das Bild perfekt eingefärbt werden.
Man kann es nun so belassen oder viel besser (ja, ja die Spiegelung muss man
halt berücksichtigen) nun in einer üblichen Kupferdruckpresse auf
ein feines Papier geeigneter Wahl umdrucken und das Resultat ist eine mit willentlichem
Ausdruck gestaltete Fotografie in ausgewählter Farbe (auf ausgewähltem
Papier) und entsprechend frei von sich verändernden Chemikalien - eben
vergleichbar einer Lithografie. Werden bei der Aufnahme Farbauszüge mit
entsprechenden Farbfilter gemacht und werden die entsprechenden Kopien dann
mit ihren Komplementärfarben eingefärbt und übereinander gedruckt
sind natürlich auch Farbendrucke möglich.
Und warum waren denn meine Ergebnisse niederschmetternd ? Ganz einfach: früher
(also als Mebes sein Buch verfasste) wurden die fotografischen Abzüge luftgetrocknet
und anschliessend kalt gepresst. Später führte man dann die heisse
Trockenpressung ein, die bei Einsatz von polierten Chromstahlblechen auch den
begehrten Hochglanz lieferte. Diese zum Standard gewordene Verarbeitung erforderte
aber eine wesentlich härtere Gelatine. Damit ist auch eine enorm geringere
Quellfähigkeit verbunden: auch die Lichter können nunmehr kaum Wasser
speichern und der lithografische Effekt ist quasi verschwunden oder erfordert
den Umgang mit unüblich strenger Fettfarbe, die kaum mehr moduliert werden
kann. An den Einsatz von heutigen PE-Papieren ist eh nicht zu denken: hier ist
ja die Gelatineschicht so dünn, dass sie kaum Wasser speichern mag (deshalb
trocknen diese Papiere ja auch ohne Wärme in wenigen Minuten). Ich war
unendlich enttäuscht ! Zufälligerweise hatte ich aber mal was gelesen,
dass Wasserstoffsuperoxyd an den belichteten Stellen die Gelatine aufweicht
- weshalb also den Prozess nicht umkehren? Geht man von einem Positiv aus und
erweicht beim negativen Papierbild die Gelatine der Schwärzen, so gelangt
man auch zu einem druckfähigen Cliché. Nach etlichen Versuchen hatte
ich ein Bad, das die entwickelten Stellen einerseits ausbleichte (erleichtert
die Kontrolle des Farbauftrages) und die umgebende Gelatine merklich erweichte
(bei zu langer Einwirkung dort sogar auflöste - ermöglicht eine perfekte
Umkehrentwicklung für Strichbilder) und der 'Neo'bromölumdruck konnte
losgehen.
Meinen Hang zu Grossformaten konnte ich mit der Cyanotypie ausleben. Dieser an sich stabile Prozess ist ja nicht formatgebunden. Negativmaterial gibt es auch in Rollengrösse - ebenso wie brauchbares Aquarellpapier als Positivgrundlage. Sensibilisierung in Plasticfolienschale mit Schwamm, Belichtung im Kontakt in der Mittagssonne, Entwicklung mit dem Gartenschlauch - geht alles auch mit dem Sepiaprozess. Auf Konflikte mit Waschküchen- und Gartenmitbenutzer muss man sich halt moralisch vorbereiten.
Ich habe auch mit dem Gummidruck experimentiert, war aber ehre enttäuscht von der geringen Deckung, die man damit erreicht. Für zarte Bilder ist der Prozess aber umwerfend - wenn auch schwierig zu handhaben.